Literatur

23 Uhr 02 (Adeline Dieudonné)

Um 23 Uhr 12 an einer Autobahnraststätte. Hier treffen, wenn man die Leiche im Kofferraum weglässt und das Pferd mitzählt, desnachts zwölf Reisende aufeinander. Zwölf unterschiedliche Menschen, die ihre jeweils eigene Geschichte bei sich tragen, Vergangenheiten, die angefüllt sind mit Glücks, Angst und Tragik. Julie, die in eine skurrile Gynäkologenfamilie eingeheiratet hat und gerade mit ihrem Mann Olivier dabei ist, deren fremde Großmutter Monica ins Altersheim zu befördern. Victoire, ein gefragtes Model, der eine traumatische Begegnung mit einem Delfin nachhängt, die ihr Leben für immer veränderte. Der Autoschlosser Loïc, der als Pannenhelfer die neuesten Maschen von Flirtpiraten.com an seinen Kundinnen austestet oder die Pole Dance Influencerin Chelly, die ihren nörgeligen Ehemann keine Sekunde länger ertragen konnte. Und dann ist diese eine Frau auf einmal nicht mehr hinter der Leitplanke, sondern mitten auf der Fahrbahn…

Wie man bereits auf dem Cover lesen kann, handelt es sich bei Adeline Dieudonnés neuestem Buch um „einen Roman in zwölf Geschichten“. 13 Uhr 12 widmet sich kapitelweise den einzelnen Personen, die sich in jener Nacht zufällig am selben Ort, jener Autobahnraststätte, befinden. Manche Figuren bleiben dabei isoliert, zwischen anderen be- oder entsteht hingegen eine Verbindung. Die Geschichten sind auf ihre eigene Art und Weise allesamt fesselnd, unterhaltsam und behandeln eine Vielfalt an Themen. Wer Das wirkliche Leben der Autorin gelesen hat, wird Dieudonnés Schreibstil, den ich als drastisch und nüchtern beschreiben würde, hier ebenso wiedererkennen wie ihre intensiven, teils skurril anmutenden Figuren. Was mich damals begeisterte, konnte mich somit auch dieses Mal überzeugen. Was 13 Uhr 12 hingegen nicht so hergibt, ist der Reiz einer gesamtheitlichen Erzählung. Dadurch, dass die Geschichten nur lose zusammenhängen, fehlten mir hier ein roter Faden und ein Identifikationspunkt, mit dem man gemeinsam mitfiebern und mitfühlen kann. Das ist aber auch einfach formbedingt. Lesenswert aber kein Highlight.