Literatur

Alles, was wir geben mussten (Kazuo Ishiguro)

Kathy, Tommy und Ruth wachsen gemeinsam mit vielen anderen Kindern im Internat Hailsham auf. Die Kindheit hier ist unbeschwert, die Schüler werden gefördert, schließen Freundschaften und erleben ihre eigenen kleinen Abenteuer. Doch der Schein trügt: Nicht nur haben die Kinder keine Familien, auch werden sie auf Hailsham von der Außenwelt völlig abgeschirmt, während ihre Gesundheit und ihr kreatives Schaffen von den Aufsehern stets überwacht werden. Die Kinder teilen ein schwerwiegendes Schicksal: Sie wurden gezüchtet um zu einem späteren Zeitpunkt ihres Lebens für andere Menschen Organe zu spenden und eines Tages „abzuschließen“. Auch, wenn Kathy und die anderen Schüler sehr wohl über ihre Funktion Bescheid wissen, so erkennen sie erst im Laufe der Jahre, was für eine Bedeutung das Spenden tatsächlich für ihr Leben hat und klammern sich an all jenes, was sie letztendlich doch zu Menschen macht: Die Freundschaft und die Liebe.

Obwohl ich durch den Film die Handlung des Buches bereits kannte, war ich wie gebannt von Alles, was wir geben mussten. Die Geschichte wird rückblickend aus der Perspektive von Kathy erzählt. Die Art und Weise wie sie ihr Leben und ihre Kindheit beschreibt ist wahnsinnig glaubwürdig und ging mir durchgehend unter die Haut. Ishiguro erschafft ein Szenario, das gleichzeitig nah und fern erscheint, trotz der oft fröhlichen Berichte Kathys ist die Stimmung doch durchweg bedrückend und die Selbstverständlichkeit, mit der die Figuren ihrem Schicksal entgegen treten berührt und schockiert gleichermaßen. Die Fragen zum Thema Ethik und Biogenetik, die beim Lesen zwangsläufig aufkommen, haben mich nachdenklich gemacht und betroffen zurück gelassen. Mich hat dieser Roman, ähnlich wie auch der Film zuvor, sehr beeindruckt und tief bewegt. Jede Szene hat ihren Sinn, hier ist kein Wort zu viel und durch den authentischen Schreibstil Ishiguros liest sich Alles, was wir geben mussten zügig weg. Ein großartiger, kluger Roman mit Tiefgang.